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Informationen
Indische Schreib- und Dokumententruhe Rosenholz • Perlmutt • Bein • Silberfäden Bombay / Gujarat, Indien – spätes 19. Jahrhundert
Art.Nr.: va66
Indische Schreib- und Dokumententruhe
Rosenholz • Perlmutt • Bein • Silberfäden Bombay / Gujarat, Indien
spätes 19. Jahrhundert
Maße:
ca. 25 × 57 × 47 cm (H × B × T)
Schreib- und Dokumententruhe stellt ein besonders qualitätvolles Beispiel westindischer Intarsienkunst des späten 19. Jahrhunderts dar. Gefertigt aus dunkel patiniertem Rosenholz und reich dekoriert mit Einlagen aus Perlmutt, Bein und feinen Silberfäden („Sadeli-Work“), verbindet sie eine funktionale, an europäische Reisesekretäre erinnernde Konstruktion mit einer üppigen, vom moghulischen Formenrepertoire geprägten Ornamentik. Die kompakte, truhenartige Form, das vollständig intarsierte Äußere und der überraschend aufwendig gestaltete Innen-Sekretär machen das Stück zu einem bemerkenswerten Vertreter kolonialzeitlicher Luxusmöbel aus der Region Bombay / Gujarat. This writing and document chest is a particularly fine example of West Indian inlay work from the late 19th century. Made of dark-patinated rosewood and richly decorated with inlays of mother-of-pearl, bone and fine silver wire (“Sadeli work”), it combines a functional construction, reminiscent of European travelling secretaries, with a luxuriant Mughal-inspired ornamental language. The compact chest form, the fully inlaid exterior and the surprisingly elaborate interior secretary make this piece a remarkable example of colonial luxury furniture from the Bombay / Gujarat region.
Beschreibung und Aufbau / Description and Structure Der Korpus der Truhe ist aus dunkel gebeiztem Rosenholz gefertigt, dessen warme, leicht rötliche Grundtönung einen wirkungsvollen Hintergrund für das kühle Schimmern des Perlmutts und die hellen Beineinlagen bildet. Die Vorderseite wird von drei großen, bogenförmig gerahmten Feldern gegliedert. In jedem dieser Felder erhebt sich ein stilisierter Blumenstrauß in einem kelchartigen Gefäß – ein klassisches Motiv des indisch-moghulischen „Paradiesgartens“. Die Bögen sind wie kleine Architekturen gestaltet, mit angedeuteten Pfeilern und Zwickelflächen, die an die Innenarchitektur nordindischer Paläste erinnern. Der Hintergrund der Felder ist mit einem feinen Rauten- bzw. Netzmuster aus Intarsien überzogen, das die floralen Motive optisch zurücktreten lässt und deren plastische Wirkung steigert. Schmale Rahmungsbänder mit Blüten, Knospen und Blattornamenten fassen die gesamte Front zusammen. Die Seitenwände zeigen je ein großes Zentralmotiv – einen Blumenstrauß unter einem Bogen und greifen so das Grundthema der Vorderseite wieder auf. Den unteren Abschluss der Truhe bildet ein ausgesägter Bogenfries, dessen ausgeschnittene, zungenartige Formen zusätzlich mit Perlmuttblüten besetzt sind. Diese spitzenartige Kante verleiht dem Möbel eine ungewöhnliche Leichtigkeit und erinnert an ornamentale Holzarbeiten aus Rajasthan und Gujarat. The chest is made of dark-stained rosewood whose warm, slightly reddish tone forms an effective backdrop for the cool shimmer of the mother-of-pearl and the pale bone inlays. The front is structured by three large, arched panels, each containing a stylised bouquet rising from a chalice-shaped vase – a classic motif of the Indo-Mughal “paradise garden”. Fine lattice and lozenge patterns cover the background, while narrow floral borders frame the composition and continue along the sides. A pierced arcade frieze along the lower edge, partly set with mother-of-pearl blossoms, lends the piece an almost lace-like lightness.
Deckel und Innenraum / Lid and Interior Der Deckel trägt ein großflächiges Zentralmedaillon, in dem sich Blüten- und Blattmotive zu einem nahezu mandalaartigen Ornament anordnen. Konzentrische Kreise, Kränze und Kartuschenbänder rhythmisieren die Fläche und werden von streng geometrischen Rahmenzonen eingefasst. Entlang der Kanten laufen weitere Bordüren mit Rauten, Blütenrosetten und feinen Silberlinien, die das Auge des Betrachters über die gesamte Deckfläche führen. In der Draufsicht wirkt der Deckel wie ein kostbares, in Holz gefasstes Schmuckstück. Beim Öffnen des Deckels setzt sich der Dekor fort: Die Innenseite ist mit einem großen, medaillonartigen Perlmuttstern geschmückt, der formal mit dem Deckel korrespondiert. Der große Stauraum der Truhe ist vollständig mit tiefblauem Samt ausgeschlagen, was einen reizvollen Kontrast zu den hellen Intarsien bildet. Besonders bemerkenswert ist der nach vorne aufklappende Schreibteil: Eine innenliegende Klappe, die von seitlich angebrachten Ketten gehalten wird, öffnet den Blick auf einen Miniatur-Sekretär mit einem oberen Arkadenfries, einer durchgehenden breiten Schublade und sechs kleineren Schubladen in zwei Reihen. Alle Schubladenfronten sind reich mit Perlmutt- und Beinfeldern besetzt und durch feine Silberfäden konturiert. Kleine Drehknöpfe ermöglichen das Herausziehen; die Schubladen sind innen wiederum mit blauem Stoff gefüttert. Die Konstruktion erinnert an europäische Kabinettschränke und Reise-Schreibmöbel, wird hier jedoch mit einer dezidiert indischen Ornament- und Materialienwelt verbunden. Die Verbindung von funktionaler Gliederung und dekorativer Dichte gehört zu den besonderen Reizen dieses Objekts. The lid is dominated by a large central medallion composed of concentric floral and foliate bands, framed by geometric borders and fine silver lines. When opened, the decoration continues on the inside with a matching medallion and a capacious compartment lined in deep blue textile. A hinged writing flap, supported by side chains, reveals a miniature secretary with an arcade frieze, one long drawer and six smaller drawers. Their fronts are densely inlaid and recall European cabinet furniture, yet the overall effect remains unmistakably Indian in its ornamental vocabulary and materiality.
Technik der Einlegearbeit und Ornamentik / Technique and Ornament Die dekorative Wirkung der Truhe beruht auf einer Kombination mehrerer, technisch anspruchsvoller Verfahren. Zunächst sind die Perlmuttintarsien zu nennen: Relativ dicke Perlmuttplättchen wurden in fein ausgesägten Formen – Blütenblätter, Rosetten, Blattspitzen – in vorbereitete Vertiefungen eingelassen und anschließend plan geschliffen. Das irisierende Schimmern des Materials verleiht besonders den floralen Motiven eine lebendige, changierende Oberfläche. Die Beinentarsien, in warmem Elfenbeinton gealtert, dienen als Rahmungen, geometrische Einsätze und als Füllornamente in den Rautenmustern. Hinzu treten feine Silberfäden, die als typische Sadeli-Work-Technik in schmalen, eingeschnittenen Rillen geführt und anschließend plan geschliffen werden. Diese Silberlinien konturieren die Ranken, Blattrispen und Kartuschen und verleihen der Ornamentik eine grafische Präzision, die mit der Tiefe des Rosenholzes wirkungsvoll kontrastiert. Die schwarzbraune Beize bzw. Lackierung der Holzoberfläche verstärkt den Hell-Dunkel-Kontrast zusätzlich. The decorative effect of the chest relies on several demanding techniques. Thick pieces of mother-of-pearl are cut to shape and inlaid flush with the surface, giving the floral motifs a lively, iridescent sheen. Aged bone inlays in a warm ivory tone serve as frames and geometric fillers. Particularly characteristic is the use of fine silver wire inlay – Sadeli work – laid into narrow incised grooves and polished flush. These silver lines define the scrolling foliage and cartouches with graphic precision and play brilliantly against the dark ground of the rosewood.
Stilistische Einordnung und Vergleiche / Stylistic Context and Comparisons Stilistisch gehört die Truhe in die Tradition der westindischen Intarsienmöbel, wie sie vor allem in den Hafen- und Handelszentren Bombay und Gujarat im späten 19. Jahrhundert für einen wohlhabenden indischen und europäischen Kundenkreis gefertigt wurden. Charakteristisch sind die Kombination von Rosenholz mit hellen Einlagen, das durchgängige florale Dekor mit Paradiesgarten-Motiven und die Verwendung von Silberfäden zur Zeichnung der Ornamentlinien. Gleichzeitig zitiert die Architektur der Bogenfelder moghulische Formen und verbindet sie mit einer streng symmetrischen, auf Zentralität ausgerichteten Komposition. Vergleichbare Schreibkästen, Kabinettschränke und Truhen mit Sadeli-Work finden sich in musealen Sammlungen sowie im internationalen Kunsthandel, wobei oft entweder der Innenausbau einfacher gehalten ist oder die dekorative Dichte der Intarsien geringer ausfällt. Die hier vorliegende Truhe nimmt durch die Kombination eines vollständig intarsierten Äußeren mit einem überraschend reich gegliederten Innen-Sekretär eine gehobene Position innerhalb dieser Gruppe ein. Gelegentlich werden ähnliche Stücke im Handel fälschlich als syrische oder „Palmyra“-Arbeiten bezeichnet; tatsächlich verweist die Technik der Silberfadenintarsien unmissverständlich auf die westindische Sadeli-Tradition. Stylistically, the chest belongs to the tradition of West Indian inlaid furniture produced in the port and trading centres of Bombay and Gujarat in the late 19th century for an affluent Indian and European clientele. The combination of rosewood with light inlays, the continuous “paradise garden” floral decoration and the use of silver wire to draw the ornament lines are typical. Comparable writing boxes and cabinets are known from museum collections and the international art market, yet the present example stands out through its fully inlaid exterior and its unusually elaborate interior secretary. Provenienz / Provenance Privatsammlung Norddeutschland; dort über viele Jahre im Familienbesitz. Vermutlich im frühen 20. Jahrhundert als dekoratives Reisemöbel oder Sammlerobjekt erworben. Stilistisch und technisch eindeutig Werkstätten Bombay/Gujarat, spätes 19. Jahrhundert zuzuordnen. Private collection, Northern Germany; in the same family for many years. Probably acquired in the early 20th century as a decorative travelling piece or collector’s item. Stylistically and technically attributable with certainty to the inlay workshops of Bombay/Gujarat, late 19th century.
7 % MwSt gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 13 UStG,Kunstgegenstand im Sinne der Anlage 2 UStG.







